Geschichte

Von einer kleinen Dorfschmiede zum Schlossereibetrieb

Vor „Schmiedhannesa“-Haus im Schömberger-Gässle (heute Gauthierstraße)Im Jahr 1878 hat Schmiedemeister Johann Philipp Bott (1849-1899) in seinem Haus im „Schömberger Gässle“ (heute Gauthierstraße) in Calmbach eine Schmiedewerkstatt eröffnet. Im Ort wurde er „Schmiedhannes“ genannt.
Dessen Sohn Philipp Bott (1887-1951) führte das Handwerk weiter und 1951 übernahm der gleichnamige Philipp Bott (geb. 15.8.1926) in 3. Generation die Schmiede am gleichen Standort.
Im Jahr 1978 konnte das 100-jährige Jubiläum des Handwerk­betriebs begangen werden.
Die Ehrentafel zum Geschäftsjubiläum hat folgenden Wort­laut:

„Philipp Bott, Mechanische Schmiedewerkstatt – Propangas­vertretung.
Auf eine alte Tradition kann die Firma heute zurückblicken. Den Grundstein legte Johann Philipp Bott, als er sich im Jahr 1878 selbstständig machte. Dieses Unternehmen befindet sich bis heute in Familienbesitz. Der jetzige Inhaber legte am 16. Dez. 1950 seine Meisterprüfung als Schmiedemeister ab. Trotz der zahlreichen Krisen im Laufe des Bestehens des Unter­nehmens, ob politischer oder wirtschaftlicher Art, verstanden es die Mitglieder der Familie, dasselbe aufrecht zu erhalten bzw. zu vergrößern.
Das Tätigkeitsprogramm umfasst heute die Ausführung sämtli­cher Schmiede- und Schlosserarbeiten, speziell Beschlagsarbei­ten in Calmbach und Umgebung.“

Soweit aus der Ehrentafel.
Wagen und Handkarren zur ReparaturPhilipp Bott sen. als Lehrling beim Anfertigen von RadreifenIn 4. Generation wurde von Gerhard Philipp Bott (geb. 12. Aug. 1955) die Werkstatt mit Mostereibetrieb in der jetzt in Gauthierstraße umbenannten früheren Schömberger Straße aufgelöst und die große Scheune für den Mostereibetrieb abgebrochen.
Der Schmiede- und Schlossereibetrieb wurde 1982 in die neu erbaute geräumige Fertigungshalle Uferstraße 47 in den Unteren Altwiesen verlegt und das Personal aufgestockt.
Gleichzeitig wurde auf mehr rationellen Schmiede- und Schlos­sereibetrieb umgestellt. Das Fertigungsprogramm beinhaltet jetzt auch Kunstschmiedearbeiten.

Zur Familiengeschichte

Beim Reifenaufziehen auf HolzräderDer Schmiedemeister der 1. Generation Johann Philipp Bott (1849-1899), der 1878 eine selbstständige Schmiede gegründet hat, war der Sohn des Webers Philipp Bott (1819-1877) und Philippina Bott (1825-1862).
Diese waren die Ur-Ur-Großeltern vom heutigen Geschäftsin­haber Gerhard Philipp Bott (4. Schmiedegeneration).
Der Urgroßvater Johann Philipp Bott, der Begründer der Schmiedewerkstatt, war mit Christiane, geb. Barth, verheiratet, die aus einer Handwerkerfamilie, der „Schuhmacher-Adams“, stammte. Sie war die Schwester des Großvaters Gottlieb Barth (Schuhmacher) des Berichtverfassers. Sonntag nachmittags trafen sich die Geschwister im „Schmiedhannesa-Hof“ zum Diskurs.
Die Schmiedemeister der 1. und 2. Generation stellten hauptsächlich Äxte und andere land- und forstwirtschaftliche Gerätschaften, überwiegend in Handarbeit, her.
Zur Erleichterung der Handarbeit wurde zur Betätigung des großen Balkenhammers, der 1911 angeschafft wurde, auch die Wasserkraft des Calmbächle eingesetzt. Ebenso für das Vermah­len und Pressen des Mostobstes. Denn um das Jahr 1900 wurde der Schmiede ein Mostereibetrieb in einer großen Scheune angegliedert, die überwiegend von den Frauen der Schmiede­meister betrieben wurde.
Pferde vor dem BeschlagenJeweils im Spätherbst herrschte in der Moste Hochbetrieb. Das Hausgetränk war damals der Äpfel- oder Birnenmost (auch gemischt). Das Mostobst wurde nicht wie heute ganz ausgepresst, sondern der Trester wieder zerbröselt und unter Zusatz von reichlich Wasser in große Fässer eingeschlagen. Nach 2 Tagen erfolgte ein nochmaliges Pressen der Maische. Das er­gab ein bekömmliches, nicht zu starkes Getränk für den Alltag. Ein geringerer Teil des Mostes vom 1. Pressen ergab den „Sonn­tagsmost“. So wie sich die Kinder beim Hausschlachten aufs Speck- und Kesselfleischschneiden und auf die Metzelsuppe freuten, so konnten sie es kaum erwarten bis Zeit zum Mosten war.
Die Schmiedemeister Philipp Bott sen. und Philipp Bott jr. vor   ihrer Schmiede im „Schömberger-Gässle“Weitere Arbeiten der Schmiedemeister und Gesellen waren das Schärfen der Werkzeuge der Maurer und Straßenbauer. Auf die von örtlichen Wagnern hergestellten Wagenräder mussten heißgemachte Eisenringe aufgezogen werden. Auch die übrigen Wagnerarbeiten, wie Schlitten, Leiterwagen, Handkar­ren usw., mussten mit Eisenteilen beschlagen werden. Das spektakulärste für die Nachbarskinder war das Beschlagen der Pferde mit Hufeisen. Das Aufbrennen der Hufeisen verur­sachte eine starke Rauchentwicklung und einen fürchterlichen Gestank nach verbranntem Huf. Interessant war auch das Bear­beiten des in der Esse glühend gemachten Eisens auf dem Amboss, mit den verschiedenen Hämmern und Werkzeugen.
Von links: Schmiedemeister Philipp Bott sen. und seine Nachbarn   Proß, 2. von links, Leichenfrau mit FamilieDer Schmiedemeister der 3. Generation immer noch im „Schömberger Gässle“, gliederte seinem Betrieb einen Propan­gashandel an und stellte den Hufschmiedebetrieb und den Mostereibetrieb ein. Dagegen wurde das Geschäft um die Bauschlosserei erweitert. Viele Metalltreppen, Geländer und Gartenumfriedungen wurden angefertigt und montiert.

Schlossermeister Gerhard Bott mit Calmbacher Wertarbeit im Deutschen Pavillon bei der Expo in HannoverDer Meister der 4. Schmiedegeneration Gerhard Philipp Bott, der 1982 die Halle erbaut hat, stellte den Betrieb zügig auf rationelle Arbeitsweise um, so dass er mit seinen bis zu 5 Mitar­beitern größere Aufträge annehmen konnte. Sein Betrieb fir­miert unter „Schlosserei Gerhard Bott, GmbH“. Durch die Arbeiten beim Bau- bzw. Umbau des Quellenhofs in Bad Wildbad war die Schlosserei G. Bott dem verantwortlichen Architektenbüro Wund durch ihre gefällige, saubere Aus­führung aufgefallen. Seit damals erhielt die Firma G. Bott GmbH durch das Büro Wund die umfangreichen Schlosserar­beiten in Kliniken und Krankenhäusern in Dresden, Rostock, Chemnitz, Friedrichshafen, Gmünden, Malchow, Schwaan und Waren übertragen, die zur vollen Zufriedenheit der Auftraggeber preiswert und termingerecht aus­geführt werden konnten. Sämtliche Schlosserarbeiten werden in Calmbach ge­fertigt und von den Schlossern der G. Bott GmbH vor Ort montiert.

Calmbacher Wertarbeit im deutschen Pavillon auf der Expo in Hannover

Der Deutsche Pavillon Expo Hannover 2000Calmbacher Wertarbeit

Der spektakulärste Auftrag und die bisher auffallendste Arbeit der Schlosserei waren die vielseitigen Arbeiten für den deutschen Pavillon auf der Expo in Hannover. Der Berichterstatter konnte beim Besuch der Weltausstellung diese saubere, form­schöne und zweckmäßige Ausführung in Augenschein nehmen. In 4 Stockwerken liefen die massenhaften Besucher des Deutschen Pavillons auf den Treppen, Gitterrosten und an anderen Arbeiten des Schlossermeisters Gerhard Bott vorbei und benütz­ten auch die Geländer des Calmbachers.
Es ist noch anzumer­ken, dass das Architekturbüro Wund, Friedrichshafen maßge­bend an der Planung des Deutschen Pavillons beteiligt war.
Vielfach war das Lob für die Wertarbeit des Calmbacher Be­triebs von manchem sachkundigen Besucher der Expo.

aus:

Fritz Barth: Eine weitere Zeitreise – Personen, Episoden und Überliefertes aus Calmbach, Wildbad und darüber hinaus. Vormals und Heute, Selbstverlag, Bad Wildbad, 2001